Konstituierende Sitzung des Ortsrates

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Ortsschild Sengwarden Land 4

Wahl des/der Ortsbürgermeisters/in dürfte spannend werden!

Morgen, am 11.11.2021, findet um 19:30 im Ratssaal des Rathauses in Wilhelmshaven die konstituierende Sitzung des Ortsrates Sengwarden statt. Eine eigentlich nicht sehr spektakuläre Veranstaltung, denn die Mehrheiten sind klar und es ist damit zu rechnen, dass die "Mehrheitsgruppe", bestehend aus 4 Vertretern der SPD und jeweils 1 Vertreter/-in von Bündnis 90/Die Grünen, FDP und GfW, erneut den/die Ortsbürgermeister/in und den/die Stellvertretende/n Ortsbürgermeister/in stellen.

Eigentlich müsste man sagen…

Denn diesmal ist eine Situation eingetreten, die alles verändert!

Der Ortsrat besteht aus 13 Personen, von denen 7 zur "Mehrheitsgruppe" und 6 zur "Minderheitsgruppe" (bestehend aus 6 Mitgliedern/innen der CDU-Fraktion) gehören.

Jetzt ist eines der Mitglieder der "Mehrheitsgruppe" schwer erkrankt und kann an der konstituierenden Sitzung nicht teilnehmen. Da es zu der persönlichen Anwesenheit keine Alternative gibt, z. B. "Briefwahl", entsteht dadurch eine Patt-Situation!

Was bedeutet das für die Wahl der Funktionsträger?

Kann aufgrund der Patt-Situation keiner der Kandidaten im ersten Wahlgang eine Mehrheit erringen, dann folgt ein zweiter Wahlgang. Kann auch in dem niemand eine Mehrheit erringen, folgt … nein, kein dritter Wahlgang, sondern der Los-Entscheid!
Das eigentlich vorhandene reale Mehrheitsverhältnis findet dann keine Berücksichtigung mehr!

Dann heißt es: "And the Winner is…"

Ja, der/die Gewinner/in wird sich sicherlich freuen, besonders wenn dem/der Bewerber/in der zuvor eigentlich chancenlosen "Minderheitsgruppe" das Losglück hold ist!

Aber wie wäre ein solcher "Sieg" der Minderheit zu bewerten?

Wo bleibt da der vielgepriesene "Wählerwille"?

"Wieso?" Könnte man sagen, die "Minderheitsgruppe" der CDU ist mit 6 Personen immerhin die größte Fraktion im Ortsrat und einige Mitglieder darin haben sehr viele Stimmen errungen. "Denen steht das doch zu!", möchte man glauben.

Andererseits hat die "Mehrheitsgruppe" bereits in der vergangenen Legislatur zusammen gearbeitet. Wer Personen aus dieser Gruppe gewählt hat, hat das also bewusst getan, um ihr erneut die Mehrheit zu verschaffen! Jede Medaille hat also zwei Seiten!

Ich gehöre selbst zur Mehrheitsgruppe und halte mich deshalb mit einer Wertung zurück. Das sollen meine Leser selbst beurteilen!

Erwähnen sollte man nur, dass es in vielen "großen" Parlamenten für die geschilderte Situation ein Verfahren gibt, das sogenannte "Pairing" Abkommen.

Kann ein Abgeordneter der Partei A, die eigentlich die Mehrheit hat, an einer Abstimmung aus gesundheitlichem oder anderem schwerwiegenden Grund nicht teilnehmen, verzichtet ein Abgeordneter der Partei B freiwillig auf sein Stimmrecht, um das reale Mehrheitsverhältnis nicht zu verfälschen. Ein Abkommen der Fairness, das ursprünglich aus dem britischen Parlament stammt.

Das Pairing-Verfahren ist aber nicht gesetzlich vorgeschrieben, sondern basiert auf einem Abkommen oder stillem Einverständnis und auf Freiwilligkeit.

Man könnte es als eine Frage der Moral bezeichnen, ob man eine solche Not- oder Zwangslage ausnutzen darf. Andererseits ist wohl nicht nur im Krieg und in der Liebe alles erlaubt, sondern auch in der Politik. Jedenfalls kommt es uns oft so vor, wenn man politische Entscheidungen betrachtet. Die Moral ist gerade da oft das erste Opfer, wenn es darum geht, bestimmte politische Ziele zu erreichen…

Und dann ist ja noch die Frage, was die "Minderheitsgruppe" damit "gewonnen" hätte. Die Sympathien der "Mehrheitsgruppe" sicherlich nicht. Eine Ortsbürgermeister-Wahl im Losverfahren könnte zu einer nachhaltigen Beschädigung des gegenseitigen Vertrauens und des Willens zur Zusammenarbeit führen. In der Vergangenheit funktionierte die Zusammenarbeit nämlich recht gut, so dass der Ortsrat bei vielen Themen, wie "Verkauf der Hofstelle" und "Umspannwerk" parteiübergreifend Einigkeit zeigte und gemeinsam beriet und handelte!

Wie auch immer, es dürfte spannend werden...